Wer wir sind
Achtung Liebe Schweiz ist eine Non-Profit-Organisation von Studierenden und Bindeglied der Lokalsektionen in Basel, Bern und Zürich. Der Verein steht motivierten Studierenden aller Fachrichtungen offen, welche an einer Schweizer Hochschule immatrikuliert sind. Ursprünglich gegründet wurde der Verein von Medizinstudierenden. Achtung Liebe Schweiz ist ein assoziiertes Mitglied der swiss medical students association (swimsa). Achtung Liebe Schweiz ist konfessionslos und parteipolitisch neutral.
Was wir tun
Wir engagieren uns für eine ganzheitliche sexuelle Bildung. Die Lokalsektionen (Basel, Bern und Zürich) sind verantwortlich für die Organisation der Schuleinsätze zur sexuellen Bildung in Klassen. Unsere Einsätze richten sich an Klassen ab der 6. Primarstufe in der Deutschschweiz. Auf diese Weise setzen wir uns für ganzheitliche und flächendeckende sexuelle Bildung ein und tragen zur Förderung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte bei (SRHR) (1). Unsere Schuleinsätze sind dabei nicht als abschliessende sexuelle Bildung zu verstehen. Das Angebot von Achtung Liebe dient der Erweiterung der im Schulunterricht gelernten Themen und soll so das Angebot sexualpädagogischer Fachpersonen ergänzen und nicht ersetzen. Mit Achtung Liebe soll Schüler*innen die Möglichkeit geboten werden, freiwillig Fragen zu entwicklungsrelevanten Themen rund um Liebe, Beziehungen und Sexualität an junge Personen zu stellen, mit denen sie in keiner mittel- oder längerfristigen Lehrpersonen-Schüler*innen-Beziehung stehen.
Ausbildung
Achtung Liebe Schweiz ist auf nationaler Ebene verantwortlich für die Ausbildung, die regelmässige Weiterbildung der Mitglieder sowie die Qualitätssicherung des Angebots von Achtung Liebe.
Die Ausbildung der Mitglieder von Achtung Liebe ist nicht mit der Ausbildung professioneller Sexualpädagog*innen gleichzusetzen. In den von Mitgliedern organisierten drei- bis viertägigen Ausbildungsworkshops erhalten die Teilnehmenden in Zusammenarbeit mit Expert*innen der Sexualpädagogik, Infektiologie und Gynäkologie das notwendige Basiswissen für die Einsätze in Schulklassen. In den ebenfalls von Mitgliedern organisierten Weiterbildungsworkshops werden spezifische Themen im Bereich der ganzheitlichen sexuellen Bildung vertieft.
Über die Aus- und Weiterbildung hinaus hat Achtung Liebe Schweiz verschiedene Strukturen sowie Prozesse implementiert und wendet konkrete pädagogische Methoden an, welche zur weiteren Sicherung der Qualität der Schuleinsätze beitragen.
Die an den Schuleinsätzen vermittelten Inhalte und Methoden werden alle drei Jahre systematisch überarbeitet. Mitglieder sind verantwortlich, sich Änderungen an den regelmässigen Wiederholungskursen neu anzueignen. Für die Methodenüberarbeitung richtet sich Achtung Liebe nach den neusten wissenschaftlichen Standards. Da sich Achtung Liebe aus Studierenden verschiedener Fachrichtungen zusammensetzt, besteht stets ein interdisziplinärer Zugang zu den neuesten wissenschaftlichen Informationen und Standards in für die sexuelle Bildung relevanten Fachbereichen. Unsere Methoden werden zudem von verschiedenen Fachpersonen geprüft (Infektiologie, Sexualpädagogik, Gynäkologie, Pädagogik, queere Dachverbände).
Achtung Liebe Schweiz sowie ihre Lokalsektionen fördern den Austausch zwischen den Vereinsmitgliedern über für die sexuelle Bildung relevante Themen an verschiedenen Veranstaltungen für Mitglieder. Die Vernetzung mit anderen Organisationen aus dem Bereich der SRHR wird des Weiteren unterstützt.
Leitlinien
Unsere Methoden und die vermittelten Inhalte richten sich nach den für die sexuelle Gesundheit relevanten im Lehrplan 21 definierten Kompetenzen (2), den «Standards der ganzheitlichen Sexualaufklärung in Europa» der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (3) sowie an den Richtlinien der International Planned Parenthood Federation (IPPF) (4).
Konkret stehen wir für die folgenden Grundsätze ein:
- Sexuelle Bildung ist ein Grundrecht für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Achtung Liebe Schweiz vertritt die von der IPPF formulierten sexuellen Rechte (4). Wir anerkennen, dass ganzheitliche sexuelle Bildung (comprehensive sexuality education CSE) eine essentielle Rolle bei der Umsetzung von sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechten spielt. Somit ist die ganzheitliche sexuelle Bildung ein integraler Bestandteil der allgemeinen Gesundheitsförderung und des Gesundheitssystems. Wir setzen uns dafür ein, dass in der Deutschschweiz die sexuelle Bildung flächendeckend und ganzheitlicher wird.
- Wir machen ganzheitliche sexuelle Bildung (comprehensive sexuality education CSE).
Die CSE ist ein Ansatz der sexuellen Bildung, welcher die kognitiven, emotionalen, physischen sowie sozialen Aspekte der Sexualität umfasst. Der Begriff Sexualität soll nicht nur auf Geschlechtsverkehr und dessen negative Folgen reduziert werden, sondern lustzentriert (pleasure-based) und sex-positiv vermittelt werden (3).
Im Sinne der CSE sieht Achtung Liebe sexuelle Bildung als einen schrittweise und altersgerecht zu gestaltenden Prozess an, der zu verschiedenen Zeitpunkten in der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen wieder aufgegriffen werden soll (3).
- Wir arbeiten leitlinienbasiert und vermitteln wissenschaftlich korrekte Informationen.
Achtung Liebe Schweiz engagiert sich für zeitgemässe sexuelle Bildung, welche auf den Leitlinien der BZgA, der IPPF und des WHO-Regionalbüros für Europa basiert. Das gewährleistet die unvoreingenommene Vermittlung von wissenschaftlich fundierten Informationen zu sämtlichen Aspekten der Sexualität (1, 3, 4).
Zudem orientiert sich Achtung Liebe Schweiz am Lehrplan 21 . Dieser sieht unter anderem vor, dass Kinder verschiedene Möglichkeiten kennen, Gesundheit zu erhalten und ihr Wohlbefinden zu stärken; präventive Vorkehrungen zur Erhaltung der Gesundheit kennen und diese umsetzen können; sexuelle Übergriffe und Gewalt erkennen und wissen, wie sie sich dagegen wehren (wo sie sich Hilfe holen können); die Möglichkeit erhalten, Fragen und Unsicherheiten bezüglich Sexualität zu äussern; Veränderungen des Körpers mit angemessenen Begriffen benennen können; Informationen zu Geschlechtsorganen, Zeugung, Befruchtung, Verhütung, Schwangerschaft und Geburt sowie die Anatomie und Funktion der Geschlechtsorgane kennen; Geschlechterrollen beschreiben und hinterfragen können, sowie im Zusammenhang mit Geschlecht und Rollen eine sachliche und wertschätzende Sprache verwenden und unter Anleitung die Qualität von ausgewählten Informationsquellen zu Sexualität vergleichen und einschätzen können (2).
- Für uns ist Selbstbestimmung über den eigenen Körper und die eigene Sexualität zentral.
Der sex-positive Ansatz der sexuellen Bildung von Achtung Liebe soll das Selbstbewusstsein von Kindern, Jugendlichen sowie Erwachsenen stärken und ihnen ihre sexuellen Rechte aufzeigen. Achtung Liebe ist der Überzeugung, dass fundiertes und umfassendes Wissen über den eigenen Körper und die eigene Sexualität die Basis für selbstbestimmte Entscheidungen bildet. Durch die Vermittlung der grundlegenden Wichtigkeit von Einverständnis (Consent) und einer offenen Kommunikation in Partnerschaft und Sexualität wird Selbst- und zwischenmenschlicher Respekt gefördert.
- Wir sind feministisch und intersektional.
Achtung Liebe Schweiz setzt sich aktiv für die Gleichstellung aller Geschlechter, für Rechte und Gesundheit von LGBTQIA+*-Menschen, gegen Sexismus, gegen Rassismus sowie jegliche Form von Diskriminierung ein. Achtung Liebe möchte durch Vermittlung von fundiertem und umfassendem Wissen über die Diversität von Menschen, Geschlechterrollen, Gender, Sex, Liebe, sexueller Orientierung und Beziehung zu einer Gesellschaft beitragen, die von zwischenmenschlichem Respekt geprägt ist.
- Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte.
Wir stehen hinter anderen, von der WHO definierten Anliegen im Bereich der SRHR (1). Aktiv setzen wir uns, wie oben erwähnt, für Aufklärung und Zugang zu sicheren Verhütungsmitteln sowie Gleichberechtigung aller Geschlechter ein. Wir sind uns bewusst, dass die Verbreitung und die Auswirkung von STIs inklusive HIV gemeinsame Ursachen wie Geschlechterungleichheit und soziale Marginalisierung von vulnerablen Populationen teilen und möchten dem durch unsere Arbeit aktiv entgegenwirken (5).
Achtung Liebe vertritt das Recht jeder schwangeren Person auf eine ärztlich durchgeführte, sichere Abtreibung. Dabei soll sie ein Gespräch und bei Bedarf therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen dürfen. Wir befürworten Bestrebungen zur Gewährleistung der Gesundheit der austragenden Personen, Neugeborenen und Säuglingen. Dazu gehören u.a. die Möglichkeit einer sicheren Schwangerschaft sowie Geburt und eine adäquate Versorgung von Neugeborenen.
Rahmenbedingungen eines Schuleinsatzes
- Schuleinsätze durch Achtung Liebe finden grundsätzlich immer in Zweierteams statt und dauern in der Regel vier Stunden.
- Die jeweilige Themenauswahl der Schuleinsätze zur sexuellen Bildung obliegt den Mitgliedern und wird individuell auf den Entwicklungs- und Wissensstand der Klasse angepasst. Rücksprachen mit der Lehrperson dienen dabei als Einschätzungshilfe über den aktuellen Wissens- und Entwicklungsstand und über bisher unbehandelte Themen.
- Um die Vertraulichkeit der Anliegen der Schüler*innen zu gewährleisten, befindet sich die Lehrperson während des Einsatzes nicht im Klassenzimmer, ist aber anwesend und kann jederzeit hinzugezogen werden.
- Die Teilnahme an Einsätzen von Achtung Liebe ist für alle Schüler*innen freiwillig. Möchte ein*e Schüler*in aus persönlichen Gründen an einem, mehreren oder sämtlichen Themenblöcken nicht teilnehmen, so kann das Klassenzimmer jederzeit verlassen werden. Schüler*innen erhalten dann einen alternativen Arbeitsauftrag von der Lehrperson. Schüler*innen dürfen nach ausgesetzten Themenblöcken jederzeit wieder dazustossen. Achtung Liebe hält seine Mitglieder dazu an, dies zu Beginn des Einsatzes gegenüber den Schüler*innen nochmals zu betonen.
Ablauf und Inhalt eines Schuleinsatzes
Vorbereitung
- Eingang einer Buchungsanfrage durch eine Schule oder Lehrperson über die Website von Achtung Liebe mit Angaben zur Altersstufe der Klasse, zu bereits behandelten sowie gewünschten Themen und bevorzugten Zeiträumen des Einsatzes.
- Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben durch die Schulkoordination der jeweiligen Achtung Liebe Lokalsektion (Übereinstimmung der Altersgruppe mit der Zielgruppe von Achtung Liebe, Besonderheiten der Klasse), sowie Rückmeldung an die Schule zu den Kapazitäten im gewünschten Einsatzzeitraum.
- Freigabe des Einsatzes an die Mitglieder von Achtung Liebe und Auswahl der Mitglieder für den Einsatz.
- Bestätigung des Einsatzes gegenüber der Schule/Lehrperson bis 2-3 Wochen vor dem Termin mit der Bitte, die Erziehungsberechtigten der Klasse über den Einsatz zu informieren. Absprache mit der Lehrperson über die benötigten Materialien und Vorbereitungen.
- Telefongespräch mit der entsprechenden Lehrperson ca. 1 Woche vor Einsatz durch ein Mitglied von Achtung Liebe, welches den Einsatz durchführt, zur Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Eckdaten, Entgegennahme von Fragen der Lehrperson, Erinnerung an die Rolle der Lehrperson während des Einsatzes, Abholen von Besonderheiten oder besonderen Bedürfnissen in der Klasse, gewünschte Themenfoki, erneuter Bitte der Information an die Erziehungsberechtigten der Schüler*innen.
- Zusammenstellen des Einsatzprogramms durch die Mitglieder von Achtung Liebe, welche den Einsatz durchführen.
Der Einsatz
- Begrüssung und Vorstellung des Ablaufs und der Themen des Einsatzes.
- Gemeinsames Erstellen von Regeln für den Einsatz (z.B. einander zuhören) und Hinweis auf die Freiwilligkeit der Teilnahme.
- Einstiegsspiel zu den Themen Beziehungen, Liebe und Sexualität zur konkreten Einschätzung des Entwicklungs- und Wissensstands der Klasse, allfällige daraus abgeleitete Anpassungen vor Ort.
- Durchführung der eigentlichen Themenblöcke: Die Reihenfolge kann variieren (abhängig vom Entwicklungs- und Wissensstand der Klasse). Hier eine mögliche Reihenfolge der Themenblöcke:
- Identität und Sexuelle Orientierung
- Anatomie und Pubertät
- Schwangerschaft und Zyklus
- STI (sexuell übertragbare Infektionen)
- Verhütung
- Consent (sexuelle Einwilligung)
- Pornografie
- Recht (Schutzalter, Sexualstrafrecht)
- Beziehung
- Fragerunde (Gruppen-getrennter Teil (GGT))
- Fragebox (die Schüler*innen erhalten vor dem Einsatz die Möglichkeit, auf Zettelchen anonyme Fragen zu stellen, die dann von den Einsatzleitenden vor der Klasse beantwortet werden)
- Abschied
Nachbereitung
- Kurze Nachbesprechung mit den Lehrpersonen und Information zu Themenbereichen, die nochmals im Unterricht aufgegriffen werden sollten.
- Nachbesprechung und Reflektion des Schuleinsatzes in den Leitungsteams.
- Entgegennehmen von allfälligem schriftlichem Feedback der Schulen oder Lehrpersonen nach dem Einsatz und allenfalls weitere Nachbesprechung mit der Schule oder Lehrperson.
Referenzen
- Sexual and Reproductive Health and Rights (SRHR) [Abrufdatum: 12.4.2025]. Verfügbar unter: Sexual and reproductive health and rights
- Lehrplan 21, Überkantonale Vorlage [Abrufdatum: 21.4.2025]. Verfügbar unter: Lehrplan 21
- WHO-Regionalbüro für Europa und BZgA «Standards für die Sexualaufklärung in Europa» (2011) [Abrufdatum: 12.4.2025]. Verfügbar unter: BZgA_Standards_German.pdf
- IPPF. Sexual rights: an IPPF declaration (2007) [Abrufdatum: 12.4.2025]. Verfügbar unter: ippf_sexual_rights_declaration_german.pdf
- SRHR & HIV Linkages Index [Abrufdatum: 12.4.2025]. Verfügbar unter: SRHR & HIV Linkages Index
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